Tangalle

Am nächsten Morgen sind wir ganz schön aufgeregt. Heute steht unsere erste Scooterfahrt bevor. Wir freuen uns beide riesig, denn Scooterfahren bedeutet Unabhängigkeit. Wir können hinfahren wo wir wollen und solange bleiben wie wir wollen. Wir können so oft anhalten wie wir wollen und Bilder schießen. Nach dem gestrigen Sturz ist klar, dass Dirk fahren wird. Ich bin ohnehin die bessere Navigatorin.

Also noch schnell einen Bananenroti essen und ab geht's!

Die ersten Meter sind angespannt, laufen jedoch trotz Linksverkehr ganz gut. Die Anspannung wächst aber noch weiter an, weil wir über den Busbahnhof fahren müssen. So ein Busbahnhof in Sri Lanka ist nicht mit einem deutschen zu vergleichen! Hier wuselt es! Menschen, Tuktuks, Händler und Busse überall, unkoordiniert und hupend. Da kommt Dirk ordentlich ins Schwitzen und beim Kreisverkehr bekomme ich auch kurz Bammel. Dirk macht das aber super. Dennoch sind wir beide froh, als wir auf die nicht ganz so befahrene Landstraße kommen. Ich genieße die Landschaft, Dirk bleibt konzentriert. Wir wollen zu einem Tempel, der in den Berg hinein gebaut ist, in Höhlen. Er ist nicht so bekannt, aber gerade das reizt uns. 

 

 

 

Schon bei der Ankunft sind wir begeistert: ein riesiger Felsvorsprung spendet Schatten. Es sind ein paar Stände am Eingang die Blumen und andere Opfergaben verkaufen, aber es ist sehr ruhig, kaum was los. Wir werden hier wenige Touristen antreffen.

Wir stellen unseren Scooter ab und lassen uns ein paar Seerosen als Opfergabe aufschwatzen. Es ist unser erster größerer Tempel und wir wollen es einmal wie die Einheimischen machen.

Wir gehen durch das Tor und schon steht da ein riesiger Boddhibaum (eine Baumsorte unter der Buddha zur Erleuchtung gefunden haben soll und die in ganz Sri Lanka verehrt wird). Wunderschön! Wir lassen die Umgebung auf uns wirken, während wir am Fuß dieses Baumes sitzen und uns ein wenig von der Fahrt erholen. Wir hören und sehen Affen, der Duft der Räucherstäbchen und Opferblumen reicht bis zu uns, die Sonne scheint durch die Blätter des Boddhibaumes. Die Luft ist voll von Spiritualität und Versprechen. 

Wir beginnen den Aufstieg und ziehen dafür unsere Schuhe aus, da es als respektlos gilt geheiligten Boden mit Schuhen zu betreten. Wir sehen mehrere Mönche, die ihrem Alltag nachgehen. An der Kasse zahlen wir unseren Eintritt und entschließen uns mit dem hinteren Teil anzufangen, da eine grosse Gruppe Gläubiger sich gerade in der ersten, der vorderen Höhle versammelt hat. Wir wollen nicht stören. Einen kurzen Schock bekomme ich, als der Mann an der Kasse anfängt in sein Mikro zu singen, darauf  war ich nicht vorbereitet. Es scheint als würde er ein Gebet aufsagen, die Töne hängen in der Luft und hallen zwischen den Felsen. Ein magischer Augenblick.

Wir laufen also los und treffen auf ein Pärchen mit Guide, die gerade ihre Tour beenden. Auf deren Anraten hin und weil wir keine wirkliche Ahnung von buddhistischen Tempeln haben, lassen wir uns auf eine geführte Tour ein. Und das ist gut! Wir lernen einige Sachen, und bekommen Details erklärt, an denen wir sonst vorbei gelaufen wären. Der Tempel ist eigentlich mehr eine Tempelanlage, verteilt über den Felsen. Es gibt unzählige Höhlen und Schreine, dazwischen einige Treppen.

Die Aussicht ist auf jeder Plattform eine andere, der Blickwinkel und die Himmelsrichtung wechselnd. Es ist wie immer heiß, wir schwitzen und kämpfen uns da hoch, wo unser Guide mit seiner Übung einfach rum spaziert!😅

Die kühlen Höhlen sind uns willkommen und wir betreten sie voller Ehrfurcht. Es gibt dabei ein paar Regeln zu beachten: barfuß, aber Knie und Schultern sollen bedeckt sein. Es darf gesprochen und Photos dürfen gemacht werden, aber nicht dem Rücken zu Buddha. Also auch kein Selfie mit der Abbildung, bzw. Statue Buddhas, wie es so manch ein Tourist macht...

Nach einer der Höhlen bekommen wir unseren ersten Segen: ein weißes Band (steht für Erleuchtung) wird um das Handgelenk gebunden, während der Mönch drei mal einen Segen spricht.

Dann geht es weiter auf den höchsten Punkt auf dem Felsen. Was für eine unglaubliche Aussicht wir von dort haben! Wir sehen die Palmenwälder und eine Menge Affen. Die Sonne scheint, die Vögel singen: es kommt einem so unwirklich vor. Wir sind im Paradies! Zumindest ganz nah dran!

Wir wollen am liebsten gar nicht mehr runter... aber die Sonne steht schon tief und wir wollen als Scooteranfänger nicht gleich beim ersten Mal im Dunkeln fahren... der Abstieg ist aber so schön, dass es einen entschädigt. Auf dem Weg bekommen wir gleich einen zweiten Segen, diesmal zwei Bänder in den sieben Farben der Erleuchtung. Schaden kann es ja nicht bei dem holprigen Start den wir hatten.😆

Wir fahren zurück zur Unterkunft, wo das Abendessen gleich serviert wird. Wir haben nämlich heute noch was vor! Wir haben uns von der Besitzerin ein Tuktuk organisieren lassen, das uns zu einem Strand fährt an dem man Schildkröten beim Eierlegen beobachten kann!!

Nach dem Essen geht es auch gleich los. Wir sind total aufgeregt. Ich liebe Schildkröten und freue mich riesig darauf. Eines meiner Reiseziele war welche beim Eierlegen zu sehen. Dass wir tatsächlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind freut mich riesig. Werden wir auch Glück haben und eine sehen?

Als wir dort ankommen sind wir ein wenig enttäuscht, wir wussten nicht, dass es eine geführte Tour sein würde und einige Menschen stehen schon da. Dann wird uns gesagt, dass wir warten müssen bis Schildkröten gesichtet werden: einerseits weil wir sie sonst erschrecken würden und andererseits, wird der Eintritt für den Strand erst erhoben wird, wenn wir wirklich was sehen. Das Geld dient dem Schutz der Schildkröten. Um uns die Zeit zu vertreiben lesen wir all die Plakate die dort hängen und uns wertvolle Informationen über die Schildkröten gibt. Traurig war zu lesen, dass mal wieder der Mensch der größte Feind und Übeltäter für diese wunderbaren Tiere ist.

Nachdem wir alles gelesen und die zahlreichen Geckos beobachtet haben, befürchten wir schon es wird nichts. Dann, plötzlich, nach einer Weile, und gefühlten 20 Touristen mehr, ein Funkspruch: eine Schildkröte wurde gesichtet! Los geht's!

Wir laufen in einer Horde Touristen zum Strand und befürchten schon, dass das Erlebnis mit den Walen in Mirissa sich wiederholt. Zum Glück ist dem nicht so. Die Ranger achten darauf, dass niemand den Schildkröten zu nahe kommt und auch kein Blitzlicht benutzt wird. Es ist nämlich so, dass sie nur mit rotem Licht beleuchtet werden, Licht das sie nicht wahrnehmen. Die Gruppe verläuft sich, denn wir müssen länger am Strand entlang laufen, was gar nicht so einfach ist. 

Die erste Schildkröte, die wir sehen, ist bereits auf dem Rückweg zum Ozean. Sie hat keine geeignete Stelle zum Eierlegen gefunden. Dennoch ist es wunderschön das Tier zu beobachten. Sie kämpft sich durch den Sand und hinterlässt dabei ein deutliches Muster. Dieses werden wir noch öfter an diesem Strand sehen und es schürt unsere Hoffnungen auf weitere Schildkröten. Und tatsächlich wird eine zweite gesichtet. Diese ist aber weit entfernt, bis wir dort ankommen ist sie im Gebüsch verschwunden um nach einem geeigneten Platz zum Eierlegen zu suchen. Erst wenn sie am Eierlegen ist, soll man näher kommen, weil sie dann in Trance verfällt und uns nicht wahrnimmt. Wir sehen ab und zu Sand rumwirbeln. Sie versucht ein Loch zu graben. Eigentlich ein gutes Zeichen, nur leider hat sie einen verwurzelten Platz ausgesucht und kann kein Loch mit ihren Flossen graben. Somit geht sie, unverichtete Dinge, zurück ins Wasser. Wie schade! Wir haben es dennoch sehr genossen, einfach zu wissen ihr so nahe zu sein. Dazu ist es ein wunderschöner Abend, warm, hell durch den fast vollen Mond, sauberer Strand, Meeresgeräusche und Sternenhimmel. Idyllisch!

Viele Touristen gehen zurück, es ist schon 22:30. Wir hoffen aber etwas Glück zu haben und noch eine zu sehen. Immerhin dürfen wir bis 1:00 bleiben.

 

Wir schlendern am Wasser entlangen, lassen unsere Füsse von den Wellen streicheln und genießen die Stimmung. 

Und wir haben Glück. Eine dritte Schildkröte wird gegen 23:00 gesichtet. Diese schafft es tatsächlich ein Loch zu graben! Der Sand wird nur so rum geschleudert, was für ein Kraftaufwand für sie! Es dauert eine ganze Weile bis sie es geschafft hat und mit dem Eierlegen anfangen kann. Wir stehen in der Nähe und sind völlig fasziniert. 

Aber das ists nichts im Vergleich dazu, als wir die Eier erblicken! Wir dürfen so nah an sie ran, einen halben Meter und in das Loch, was sie nicht völlig bedeckt, rein schauen. Die Eier ploppen bei jedem Anspannen der Schildkröte quasi aus ihr raus. Sie sind ganz weiss und rund, wie Pingpongbälle. Ich bekomme wieder Gänsehaut nur beim Schreiben dieser Zeilen. Es war unbeschreiblich dies erleben zu können. Wir können uns kaum los reißen. Als die Schildkröte anfängt das Loch wieder zu verschließen entfernen wir uns, damit sie sich nicht bedroht fühlt und ihre Ruhe hat. Wir schauen noch eine Weile zu, bis der Guide uns informiert, dass dies über mehrere Stunden dauern kann und es sich nicht lohnt zu warten. Wir gehen dann alle langsam zurück. Ich kann nicht aufhören zu grinsen. Auf der Rückfahrt fühle ich mich so leicht, die kühlere Luft unterstreicht dieses Gefühl. Ich fühle mich gut, frei und glücklich. Ich schaue Dirk an und bin noch glücklicher. Das mit meinem frisch gebackenen Ehemann teilen zu dürfen, was für ein Privileg! Er strahlt genauso wie ich und ich bin dankbar. Trotz allen Schwierigkeiten und gesundheitlichen Herausforderung lohnt sich diese Reise. Für solche Augenblicke, für solche Tage wie den heutigen.


Kommentare: 4
  • #4

    Apothekenmädels (Freitag, 18 Mai 2018 17:57)

    Hört sich alles nach Abenteuer an =) sind ganz neidisch!!!
    Geniesst eure Freiheit in der großen weiten Welt und weiterhin alles Gute.
    Liebe Grüße aus Rohrbach

  • #3

    Christa Schilp (Dienstag, 15 Mai 2018 19:16)

    Liebe Elodie,
    als eifrige Leserin Ihres Blogs bin ich begeistert, was Sie alles wunderbares erleben.
    Es ist schön, wie anschaulich und lebendig Sie schreiben. Ich kann mir das richtig gut vorstellen.
    Und jetzt noch ganz herzlichen Dank für Ihre Karte aus Japan, die gestern angekommen ist.
    Für Ihre weitere Reise wünsche ich Ihnen alles alles Gute und freue mich, weiter mit dabei zu sein.
    Liebe Grüsse
    Christa Schilp

  • #2

    Elodie (Dienstag, 01 Mai 2018 02:14)

    Habe ich nicht erzählt? Uppps!
    Naja, ich poste nicht über alles... und das war noch am Anfang, da habe ich auch nicht so oft was auf Instagram gepostet. Und ein paar Highlights sollen ja auch auf den Blog erscheinen
    Das ich es euch aber nicht erzählt habe, wundert mich. Am Anfang haben wir uns aber auch nicht so oft Sprachnachrichten gelassen wie jetzt. Wahrscheinlich deshalb. Wie auch immer, Hauptsache ihr bekommt es noch mit!
    Das war ein mega Erlebnis, ich werde es nie vergessen! Nur schade, dass die Bilder durch die Dunkelheit nicht so gut geworden sind.
    Liebste Grüße aus Osaka

  • #1

    Mandy (Montag, 30 April 2018 21:29)

    Voooooooll cool! Du hast garnix von den Schildkröten erzählt! Klingt echt nach einem mega schönen Erlebnis =) Ich bin froh, dass ihr die Gelegenheit dazu hattet :-*